Während die Deutschen Straßenmeisterschaften in Donaueschingen und Bad Dürrheim am vergangenen Wochenende nach Worten der Offiziellen des Bund Deutscher Radfahrer (BDR) „neue Maßstäbe setzten, die äußeren Bedingungen dieser Titelkämpfe es an nichts fehlen ließen und die Organisation nahezu reibungslos verlief“, hakte Jan Hugger der Local-Heroe aus Schwenningen, die Heim-DM trotz guter Form als „nicht gelaufen, wie gewünscht“ ab.
Der 24-Jährige bestritt das Einzelzeitfahren am Freitag (Start in Donaueschingen, Ziel in Bad Dürrheim) überwiegend wegen der Bundesligapunkte für sein Team, aber eben „auch, um die Meisterschaft vor der Haustüre zu würdigen“. Der Lokalmatador hatte keine Ambitionen beim Kampf gegen die Uhr, da er nicht zu den Spezialisten zählt, und bereitete sich nicht gezielt darauf vor. „Ich konnte aber trotzdem bekannte Gesichter an der Straße sehen, die mich anfeuerten. Versuchte aber ein wenig Kräfte für Sonntag zu sparen.“
Am Sonntag war es ein Kampf des Peletons gegen die Armada der BORA-hansgrohe-Straßen-Ritter. Auch wenn es Attacken und Versuche von Seiten weiterer World Tour- und Kontinentalfahrer gab, um diese Übermacht zu sprengen, füllte sich das Siegerpodest nach 215 Kilometern und /2.890 Höhenmetern (auf einer Schleife auf der Baar) komplett mit Fahrern im BORA-hansgrohe-Design. Allen voran Überraschungssieger Emanuel „Emu“ Buchmann mit seinem überragenden 75-Kilometer-Soloritt vor den Teamkollegen Nico Denz und Maximilian Schachmann.
Hugger dagegen verpasste sein Wunsch-Ziel der Top-Ten und auch das der Top-Twenty nach dem Motto: Pleiten, Pech und Pannen. Obwohl er sich „ordentlich vorbereitet hatte, echt fit und gut drauf war“, wie er später sagte.
Kurz nach dem Start ereilte den Master-Studenten schon gleich die „Defekthexe“ in der Neutralisation (erste drei Kilometer). Der „Scharfe Start“ wurde gar 300 Meter hinausgezögert, damit der „Team Lotto Kern-Haus“-Fahrer wieder das Ende des 195-köpfigen Fahrerfeldes erreichen konnte, bevor das Rennen offiziell freigegeben wurde. „Zu dem Zeitpunkt war ich noch ganz hinten und musste die komplette „Ziehharmonika“ durch die Kurven mitmachen (das Auseinanderziehen und wieder Zusammenrollen des Peletons), während ich mich nach und nach nach vorne arbeitete.“
Es folgte wie errwartet ein Ausscheidungsfahren. „Als es dann zum großen Split mit nur noch 50 bis 60 Fahrern in der Verfolgergruppe auf die Zweispitze Jonas Koch und Emu kam, war ich noch in der ersten Gruppe dabei“, so der Schwenninger. Nach rund 120 Kilometer auf der anspruchsvollen Schleife machte sich bei ihm jedoch die Anfangsrunde bemerkbar, in der er „deutlich mehr Kraft investiert hatte, als jene, die vorn dabei waren.“ Hugger fand sich somit in der zweiten Verfolgergruppe wieder.
Zwei Runden vor Schluss wurde seine Gruppe aus dem Rennen genommen, mit sieben Minuten Rückstand auf Buchmann, der inzwischen „einsame Spitze“ war. Ein zeitlicher Abstand, der in Augen des hochmotivierten Hugger auch auf dieser 26,7 Kilometer Schleife zum Weiterfahren gereicht hätte. „Noch blöder war, dass auch Jakob (Geßner, Teamkollege) zur letzten Runde mit nur fünf Minuten Rückstand aus dem Rennen genommen wurde.“ Damit beendete Pierre-Pascal Keup als 21. von 35 Fahrern, die in die Wertung kamen, als einzige Team Lotto-Fahrer die an sich so coole Deutsche Meisterschaft.
Dennoch bleibt auch Jan Hugger die Heim-DM als ein beeindruckendes Spektakel mit tausenden Fans an den Hotspots in Erinnerung. Der Albbrucker Nico Denz, zweifacher Giro-Etappensieger 2023 und frischgebackener deutscher Vizemeister, hätte gegen eine weitere DM-Auflage auf der Baar nichts einzuwenden, sagte er übrigens hinterher mit einem Augenzwinkern.
Text: uhu
Foto: uhu/Hennes Roth/Bernd Weißbrod