(Rennsport in den Kinderschuhen um 1920)
Herzlich willkommen auf der Seite des über einhundertjährigen Radfahrervereins RV Viktoria 1910 Niedereschach
Wir wünschen viel Spaß beim Stöbern und Nachschlagen der Neuigkeiten aus dem Rennsport, der Hobby-und Freizeitfahrer und des Vereinslebens.
Der öffentliche Auftritt ist bewusst schlicht und einfach gehalten.
Wir bedanken uns bei all unseren treuen Sponsoren. Sie haben großen Anteil am Erfolg und Einsatz der Fahrer und am Leben des Vereins.
Ein dickes Dankeschön geht auch an die Helfer und Unterstützer, die zum Beispiel den jährlichen Anfängernachwuchsrennnachmittag im Rahmen des "Sparkassen-Nachwuchs-Cup" auf die Beine stellen und auch beim Radtag im Rahmen des Kinderferienprogramms der Gemeinde unermüdlich zur Seite stehen.
(Sparkassen-Nachwuchs-Cup - das Sprungbrett zum Lizenzsport)
Die Vereins-Chronik:
„Das erste Fahrrad, das die Gemarkung Niedereschach befahren hat, gehörte dem Bürgersohn Josef Schuler, Schmied in Vöhrenbach, dieser kam etwa 1882 von Vöhrenbach mit seinem Hochzweirad auf Besuch“, hielt 1936 Ratschreiber Wilhelm Stern in der Festschrift fest.
Der Niedereschacher Fabrikant Karl Schütz geht als erster Besitzer eines Fahrrads im Ort 1884 in die Geschichte ein (Quelle: Festschrift 1936).
Und weiter informierte Ratschreiber Stern damals die Festgemeinde:
„Da aber im Laufe der Jahre das Fahrrad stärker vertreten wurde, so kam es, dass von dem Gebrauch des Rades ein Sport entstanden war und die so genannten Radfahrer-Vereine gegründet wurden.“
Auch Niedereschachs Bürger standen dem Trend offen gegenüber und gründeten am 04.Juni 1910 den Radfahrerverein „Viktoria“. Es war der erste Sportverein überhaupt, der in Niedereschach ins Leben gerufen wurde. Der erste Vorstand war damals Johann Kopp, der im 1. Weltkrieg 1914/18 fiel.
Mit Engelbert Hugger wurde am 26.Januar 1924 ein geachteter Bürger Niedereschachs Vorstand. Durch seine Energie brachte er den Radsport in Niedereschach weit nach vorne. Mit Leidenschaft und Ausdauer saß Engelbert Hugger auch bei den damaligen doch sehr gewagten Straßenrennen selbst auf dem Stahlross, das noch heute im Hugger’schen Keller steht. Ebenfalls gut aufbewahrt werden die über einhundert Orden, die ihm für seine Siege an die Brust geheftet wurden. Die gewonnenen Lorbeerkränze dagegen landeten teils entweder in Suppen und Soßen, oder wurden nach jahrzehntelanger Aufbewahrung dann doch einmal entsorgt. Der Radsportler erster Stunde sammelte in den 20er Jahren etliche Titel. So holte Engelbert Hugger nach Überlieferung an einem einzigen Renntag in Schramberg drei Einzelzeitfahrtitel über 1 Kilometer, 10 Kilometer und 180 Kilometer. Stolz sein konnte er auch auf den Titel des Einzelzeitfahrmeisters Freiburg-Feldberg.
(Foto: Engelbert Hugger bei einem seiner zahlreichen Siege in den Zwanziger Jahren)
Auch Gustav und Adolf Glatz vertraten den Niedereschacher Radfahrerverein bei Rennen in den 20er Jahren weit über die Gemeindegrenzen hinaus.
1939-1949 ruhte die Vereinsarbeit wegen des Krieges.
Der RV Viktoria Niedereschach führte zum 25-jährigen Vereinsjubiläum am 19.Juli 1936 ein Straßenrennen durch. „Unter kühlem Wind wurde morgens um ½ 5 Uhr das Preisrennen eröffnet“, das laut Ratschreiber Stern über 80 Kilometer ging und von Josef Steger aus Singen gewonnen wurde. „Im Neulingsrennen verunglückte ein Fahrer von Hardt, während ein anderer von Hagen wegen Überanstrengung ohnmächtig geworden ist und mittels Auto von Horgen abgeholt werden musste“. Beide Fahrer erholten sich rasch, wusste der Ratschreiber mitzuteilen. Zum 40-jährigen Jubiläum wurde die württembergische Meisterschaft ausgetragen, zum 50-jährigen Jubiläum die badische Meisterschaft der Radamateure.
(Feiern mit Kunstradeinlagen)
Engelbert Hugger’s Söhne Erich und Hubert sorgten in den Fünfziger Jahren für eine Fortsetzung der Rennsporttradition und errangen zusammen mit ihrem Radsportkamerad Hermann Dörflinger, der sich als wertvoller Mitstreiter den gefährlichen Sprintern in den Dienst stellte, viele Preise und Titel.
(Foto: Hubert Hugger im Sprint auf der Schwenninger Aschenbahn)
Sie waren nicht nur im süddeutschen Raum als die „Grünen Teufel“ berühmt-berüchtigt und von der Konkurrenz gefürchtet, sondern machten unter anderem bei „Rund um Köln“ die Pflastersteine unsicher und fuhren zudem im nationalen Amateurkader. Bei den international großen Rennen in der Schweiz, Österreich oder Jugoslawien gewannen die Hugger-Brüder viele Straßen- und Bahnrennen. Auch im Mannschaftsfahren waren sie stark.
Oft stand auf den Startlisten hinter den beiden Namen der Radsportler „Stuttgart“. Das konnte man im Ausland einfacher lokalisieren als „Niedereschach“, bei dem sich die Leute nicht vorstellen konnten, wo das in Deutschland liegt.
„Hugger-Deutschland“ – auch ein solcher Briefumschlag, adressiert vom jugoslawischen Rennleiter, fand den Weg zu Erich und Hubert Hugger in die Eschach-Gemeinde.
(Foto: vl. Hubert Hugger, Weltmeister Heinz Müller - RSpV06 Schwenningen, Erich Hugger, Trossinger Rennen)
Größter Erfolg für Hubert Hugger war der Gewinn der Süddeutschen Meisterschaft 1950. In Wangen im Allgäu holte er sich in ein und demselben Rennen die Berg- und die Straßenmeisterschaft. Sieben Mal gewann er das Konstanzer Kriterium und auch „Rund um den Bodensee“. Der RV Viktoria war 1952 Ausrichter der „Süddeutschen“, Hubert wurde Vizemeister. Ein Jahr davor feierte Erich Hugger in Fluorn den Meistertitel des württembergisch-hohenzollerschen Landesverbandes. Im gleichen Jahr, zur Glanzzeit des Vereins, sollte in Niedereschach eine Radrennbahn gebaut werden. Planungen und Berechnungen waren abgeschlossen und mit dem Bau bereits begonnen worden, doch fehlendes Geld ließ das angefangene Projekt scheitern. Die erwarteten Zuschüsse blieben aus. Der Bau wurde nicht mehr weitergeführt. Die Kurven sind noch erkennbar.
Im Laufe der Jahre, als das Radfahren immer mehr zum Volkssport wurde, wurde es zunächst ruhiger im Radfahrerverein. „Die „Viktorianer“ beteiligten sich vor allem vermehrt an Korsofahrten der befreundeten Vereine.
Zuletzt bereicherten Viktoria-Korsofahrer den Festumzug des heimischen „Gesangverein Eintracht Niedereschach 1919“ im Juni 2009 mit ihren aufwendig geschmückten Rädern.
(Fotos: Korso-Leidenschaft)
Immer wieder beteiligten sich in den letzten Jahren Viktoria-Hobby-Fahrer an diversen Radtouren mit geselligem Hock im Anschluss. So veranstalteten die Vereinsmitglieder selbst eine Weile lang die Radtourenfahrt „Rund um Niedereschach“.
Heute wird gerne im Vereinsheim in der Kulturfabrik gefeiert.
Zur festen Größe im Sommerferienprogramm ist das Niedereschacher Kinderrennen geworden, das der Radfahrerverein mit großer Mithilfe von Mitgliedern, Gönnern und der Feuerwehr (und Geduld der ansässigen Firmen wegen der kurzzeitigen Straßensperrung) im Industriegebiet durchführt.
Von Mai bis Oktober sind die Montags- und Seniorenfahrer in ihrem Element. Inzwischen bietet die Hobbygruppe mit Touren-, Cityrädern und Mountainbikes montags zwei Gruppen an. Mittags starten die zahlenmäßig starke Gruppe von Seniorenfahrern zu ihren sportlich gemäßigten Touren und organisieren auch Tagesfahrten. 2010 starteten die Montagsfahrer als offizieller AOK-Radtreff.
(Foto: Seniorenfahrer)
Nach der Ära „Hugger-Dörflinger“ schlief der aktive Rennport des „RV Viktoria 1910 Niedereschach“ mangels rennsportbegeisterter Fahrer ein. Erst zur Saison 2005 wurde die Rennsportabteilung erneut aktiviert.
Mit Nachwuchstrainer und Seniorenfahrer Willi Haßler sowie weiteren wechselnden Lizenzfahrern, wurde dem Rennsport beim RVV neues Leben eingehaucht. Die jungen Nachwuchsfahrer startet zum Teil beim regionalen Interstuhlcup, weitere melden bei großen Rennen bis ins Saarland und Elsaß, der Pfalz und die Schweiz oder Liechtenstein und Österreich. Vom Landesverband Württemberg werden Viktorianer/-innen zu internationalen Nachwuchs-Etappenrennen auch im Ausland gemeldet sowie zu nationalen Meisterschaften oder zu Sechstagerennen in Berlin und Bremen. Mit Sofie Mangertseder haben die "Grünen" eine BDR-Juniorinnen-Nationalfahrerin in ihren Reihen. In der Saison 2015 zählen drei Fahrer und Fahrerinnen zum Junioren- und Juniorinnen-Kader des Württembergischen Radsportverbandes WRSV. Mit Juniorenfahrer Jan Hugger steht ein Athlet im BDR-C-Kader. Seit 2017 startet Hugger in der U23-Klasse und schlüpfte dabei auch in Nationaltrikot unter anderem bei der Tour Alsace 2017 und 2018. Nachdem er - während er sein Abitur "baute" zunächst beim Bundesligateam G24 in den Dienst trat, wechselte während der Saison zum Kontinentalteam 0711/Cycling mit Starts UCI-Etappenrennen wie die Sibiu-Tour oder Tour of Iran. 2018 vollzog er den Wechsel Kontinentalteam "Team Lotto Kern-Haus", Höhepunkte hier unter anderem die Deutschland-Tour und das Teamzeitfahren bei den Straßenweltmeisterschaften in Innsbruck. Die Saison 2019 startete für Jan Hugger international auf Rhodos. Erneut erhielt Hugger einen Einsatz im Nationaltrikot bei der Tour Alsace, auch die Deutschland-Tour stand wieder auf dem Programm. 2020 gilt corona-bedingt als verlorenes Jahr für die Lizenz-Sportler*innen. Letzter Lizenznachwuchsfahrer war 2018 Denis Jäckle, der überwiegend beim Interstuhl-Cup startete.
(Fotos: Sechstagerennen Berlin 2014/ Interstuhl-Cup 2014/ RiderMan 2013/ Cross Schweiz 2014)
Die Vorstände des RV Viktoria 1910 Niedereschach seit der Gründung
1910-1911 Johann Kopp
1911-1912 Robert Glatz
1912-1919 German Schaumann
1920-1921 Lorenz Mauthe
1921-1923 Josef Schlecht
1924-1934 Engelbert Hugger
1935-1936 August Stern
1937-1939 Engelbert Hugger
1949-1950 August Stern
1951-1957 Gebhard Grimm
1958-1964 Herbert Jerger
1965-1966 Winfried Eppinger
1967-1968 Herbert Jerger
1968-1980 Winfried Eppinger
1981-1987 Ernst Schaumann
1987-1991 Fritz Fuchs
1991-1997 Heinz Schuler
1997-2003 Fritz Fuchs
2003 -2011 Werner Pinther
seit 2012 Gustav Herbst
Eine Zahl am Rande: Zum Einhundertjährigen im Jahr 2010 zählte der RV Viktoria 1910 Niedereschach 115 Mitglieder, davon über 50 Ehrenmitglieder.
Quellen: Festschrift 1936 und Chronik Ute Flaig, Beilage Südwestpresse 14.07.1973, private Überlieferungen
Text/Fotos:uhu