Während der Rottweiler Radprofi Jonas ‚Jones‘ Koch (Intermarché – Wanty - Gobert Matériaux) auf eine harte, für ihn erfolgreiche Deutschland Tour mit Top Ten-Platzierung zurückblicken kann, traf es den Schwenninger Jan Hugger (Team Lotto Kern-Haus) auf der zweiten Etappe von Sangershausen nach Ilmenau hart und schmerzhaft. Saisonaus! Bei einem Sturz, bei dem über vierzig Fahrer involviert waren, traf es den 23-Jährigen als einzigen Fahrer knallhart. Mit schwerer Verletzung konnte der Edelhelfer für den dato Top-Platzierten Kapitän Joshua Huppertz nicht mehr aufstehen und musste mit starken Schmerzen in die Klinik von Sömmerda/Thüringen gebracht werden. Dort wurde eine Oberschenkelhals-Fraktur diagnostiziert. Die Operation fand noch am selben Abend statt. Das unfreiwillige und unverschuldete Aus bei seinem Saisonhighlight bedeutete für Hugger gleichfalls das abrupte Saisonende.

 

Dabei startete Deutschlands einziges UCI-Etappen-Rennen der Elite für Hugger und Team mit einem Paukenschlag. Zum Auftakt der Tour über 193 Kilometer von Stralsund nach Schwerin setzte sich Kapitän Joshua Huppertz über 120 Kilometer lang in Szene, befand sich in der fünfköpfigen Spitzengruppe, um erst vier Kilometer vor dem Ziel als Solist und „kämpferischster Fahrer“ eingefangen zu werden. Die World-Tour-Mannschaften Bahrain-Victorious mit BORA-hansgrohe und Deceuninck-Quick-Step hatten weitestgehend das Rennen kontrolliert. Im Massensprint landete Huggers Teamkollege Kim Heiduk (Deutscher U23-Meister) auf Rang zehn, der sich bei seinen Teammates bedankte: „Als es ins Finale ging, haben Mario Spengler und Jan Hugger versucht, mich nach vorne zu bringen und dort dann auch zu halten. Beide, vor allem aber Jan, haben einen richtig guten Job gemacht.“ Joshua Huppertz reichten die unterwegs gesammelten Bonuspunkte für den famosen vierten Gesamtrang nach der Flachetappe.

 

Am nächsten Tag folgten 180 wellige Kilometer. Erneut war es kalt und regnerisch. Das Team wollte den Kapitän in den Top-Ten zu halten. Es lief gut, bis zur berüchtigten Passage bei einer Ortsdurchfahrt. Beim Massencrash auf extrem glatten Pflastersteinen gingen unter anderem auch die deutschen Profis André Greipel und Rick Zabel zu Boden. Letzterer musste später die Tour mit Prellungen an der Hand aufgeben, konnte aber das Krankenhaus schnell wieder verlassen, während Jan Hugger nach überstandener Operation den Rest der Tour auf der Überwachungsstation der Klinik verfolgte.

 

Team Lotto Kern-Haus, nun dezimiert auf fünf Fahrer und um seinen wichtigen Helfer Hugger gebracht, überstand die dritte Etappe schadlos, verlor aber schließlich auf der extrem harten Schlussetappe von Erlangen nach Nürnberg und bei erneut sehr schlechtem Wetter und hohem Tempo den Platz von Huppertz in den Top-Ten. Der Kapitän wurde am Ende als 40ster gewertet. BORA-hansgrohe holte sich mit Nils Politt den Gesamtsieg. „Am Ende war es vorn ein Sekundenspiel“, bilanzierte der Zehntplatzierte, Jonas Koch, der in der kommenden Saison für BORA-hansgrohe fahren wird. „Leider habe ich es nicht geschafft, noch ein paar Bonuspunkte zu holen. Das hätte mich in der Gesamtwertung noch ein bisschen weiter nach vorn gebracht“, bedauert der Rottweiler mit Wohnort Zimmern. „Alles in allem kann ich zufrieden sein, auch mit Teamkollege Georg Zimmermann als Fünfter. Es war echt schön an der Deutschland Tour am Start zu stehen mit megavielen Zuschauern. Ich habe die Tage echt genossen.“ (Nun versucht sich der 28-Jährige zu erholen, für den es am Freitag bereits wieder zu einem Dreitage-Rennen nach Frankreich geht. „Und dann wird der Fokus noch auf Frankfurt liegen“, fügt Koch hinzu. Der eigentliche 1.Mai Klassiker „Eschborn-Frankfurt“ wurde in dieser Saison bekanntlich auf den Herbst verschoben.)

 

Fazit: Vier Tage Deutschland Tour überwiegend mit Regen und Kälte kosteten allen Startern Körner. 103 Fahrer von 130 Startern konnten die Deutschland Tour beenden.

„Alles in allem können wir aber sehr zufrieden aus der Deutschland Tour gehen. Ich mit einem zehnten Etappenplatz, Josh war einmal in der Ausreißergruppe und in der Gesamtwertung lange gut platziert. Ich denke, jedem hat die Deutschland Tour etwas gebracht, außer unserem Jan Hugger, dem es mit seinem schlimmen Sturz nicht so gut ergangen ist. An dieser Stelle noch mal gute Besserung, Jan“, schreibt Heiduk in seinem Tagebuch bei radsport-news.com.

 

Jan Hugger wird Mitte der Woche per Krankentransport aus Sömmerda an den Neckarursprung zurückgebracht. Er war überwältigt von der Flut an Genesungswünschen, die ihn aus allen Richtungen erreichten. Aufmunternde Worte kamen auch von der Hochschule Furtwangen, wo Hugger mit dem Spitzensportler-Status studiert, aber auch von ehemaligen Radprofis, die um die Schwere der Verletzung für einen Radsportler wissen. Der Blick geht nach vorn!

Text: uhu

Fotos: Team Lotto Kern-Haus